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Der Diätdschungel

Im Diätdschungel verliert man nicht nur den Überblick, sondern man isst auch riskant, wenn man schlicht auf die Botschaften der Diätwerbung vertraut. In diesem Dickicht werden so manche Fußangeln für den Stoffwechsel gelegt, die den Traum von der ewigen Schlankheit zu einem Alptraum beim nächsten Wiegen machen. So paradox es klingt, es stimmt: Diäten können sogar dick machen!

Klinische Studien und leidvolle Selbsterfahrung von Millionen Menschen beweisen, dass unsere Ernährung nicht zu einem Werkzeug missbraucht werden darf, das nur darauf angesetzt wird, den Körper in die Knie zu zwingen. Die Badezimmerwaage, die heutzutage bei vielen Menschen über Selbstwertgefühl und Lebensglück entscheidet, zeigt nämlich nur den einfachen Gewichtsverlust an. Und das ist perfide!

So mancher Erfolg, der bei sinkendem Gewicht große Freude auslöst, ist eigentlich ein Misserfolg, basiert er doch nur auf Wasserverlust und Abbau von kostbarem Körpereiweiß. Die ungeliebten Fettpölsterchen bleiben weiterhin prall.

Hätten wir ein einfaches Messinstrument zur Verfügung, das die tatsächliche Fettschmelze während der Diät misst - die meisten Diäten hätten sich klar als Versager herausgestellt. Aber „auf der Waage“ schienen sie alle zu funktionieren. Den Misserfolg muss sich der Diätessende später selbst zurechnen, denn schließlich hat er wieder zugenommen.

Es ist gut, wenn mit ernährungswissenschaftlichem Sachverstand die bekanntesten Diäten dargestellt, geprüft und kritisch bewertet werden. Es ist gut, wenn die wichtigsten Prinzipien der menschlichen Ernährung verständlich, nachvollziehbar und konkret dargestellt werden.

Blitz- und Crash-Diäten sind seit Erscheinen von Twiggy 1966 zu einer beliebten Handelsware im Schlaraffenland geworden. Ihre unübersehbare Vielfalt, die wöchentlich ergänzt wird, deutet schon an, dass es kein Patentrezept gibt. Es sind immer wieder kleine Variationen nach gleichem Muster, und vor allem: mit riesigen Versprechungen nach dem Motto „Zehn Kilo in zehn Tagen - Essen sie sich schlank“. Ihre mitunter widersprüchlichen, „ernährungsphysiologischen“ Begründungen (Fett macht fett, also nur Kohlenhydrate essen; Fett schmilzt Fett, also nur Fett, aber keine Kohlenhydrate essen…) verleiten zum Lachen, wenn es nicht mit den Langzeitresultaten so traurig wäre.

Warum - so biedern sich die Diäten an - sollen wir uns nicht auch eine schlanke Figur kaufen können, wo es im Schlaraffenland doch alles zu kaufen gibt. Der plausible Irrtum, in wenigen Tagen selbstauferlegter Hungersnot könne man/frau die Traumfigur erhaschen, vergisst, dass die Menschheit in ihrer zumeist durch Mangel und Hunger geprägten Geschichte dennoch überlebt hat. Es ist ein vorzüglicher, lebensrettender Einfall der Natur, der uns auch unter Kalorienknappheit existieren lässt. Es ist ganz offensichtlich nicht der Mangel, der Menschen rasch krank werden lässt, es ist vielmehr der Überfluss, an den sich der Menschenkörper mangels ausreichenden Trainings nicht anpassen konnte.

Wer seine Ernährung vernachlässigt, verschenkt die größte Chance für körperliches und seelisches Wohlbefinden, die uns selbst in die Hand gegeben ist. Die Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Fett- und Aminosäuren, Ballaststoffe, Kohlenhydrate - all diese vielen Stoffe haben ihre ganz spezifischen Aufgaben im Organismus. Wer dagegen seine Ernährung nur unter der „Kalorienbrille“ sieht, leistet sich seine Fehlernährung. Der Deutschen liebste „Abspeckmethode“ heißt FdH und halbiert die Kalorien (und mit ihnen sämtliche Nährstoffe). Welche ungeheuerlichen Störungen bei FdH auftreten, hat Ancel Keys, US-Ernährungsprofessor, schon 1950 bei 36 gesunden Männern, die sechs Monate auf halbe Ration gesetzt wurden, wissenschaftlich erforscht: depressive Verstim¬mungen, Konzentrationsschwäche, sexuelle Störungen, Heißhungerattacken und vieles mehr.

Mit einer Diät greift man intensiv in das Stoffwechselgeschehen ein. Mit Nebenwirkungen ist zu rechnen, und dies um so mehr, je unausgewogener und nährstoffärmer diese Diäten zusammengesetzt sind. Kein vernünftiger Mensch würde ungeprüft irgendwelche Medikamente schlucken, nur weil sie bunt aussehen und preiswert zu haben sind.

Gleiches muss aber auch für Diäten gelten. Neben der Atmung ist die Ernährung der intensivste Umweltkontakt des Menschen.

Leider gibt es keine gesetzliche Regelung, die es verbietet, Ratschläge zu unausgewogener Fehlernährung abzudrucken.

Die leidvolle Erfahrung muss jeder selbst machen!

Prof. Dr. Volker Pudel

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